Stellungnahme des Gemeinderats zum Seerettungsdienst

Der Gemeinderat Erlenbach hat Anfang September beschlossen, ein Beitrittsgesuch zum Seerettungsdienst-Verbund der Gemeinden Horgen, Oberrieden, Thalwil und Herrliberg zu stellen. Seit Oktober stellt der SRD-Verbund Horgen bereits den Seerettungsdienst auf dem Gebiet der Gemeinde Erlenbach als Übergangsmassnahme sicher. Die langjährige Zusammenarbeit mit der Gemeinde Küsnacht wurde beendet.

Der Seerettungsdienst (SRD) in der Gemeinde Erlenbach wird seit Oktober 2024 durch den Seerettungsdienst-Verbund der Gemeinden Horgen, Oberrieden, Thalwil und Herrliberg bestellt. Gleichzeitig hat Erlenbach um die formelle Aufnahme in den Anschlussvertrag per Januar 2025 ersucht. Die Entscheidung des Gemeinderats Erlenbach, die langjährige Zusammenarbeit mit der Gemeinde Küsnacht im Rahmen des SRD Küsnacht-Erlenbach zu kündigen, hat mediale Aufmerksamkeit und eine Petition aus der Bürgerschaft ausgelöst. Der Gemeinderat anerkennt das Bedürfnis der Bevölkerung, über die verschiedenen Aspekte, welche ihn zu diesem Schritt bewogen haben, ausführlich und klar zu informieren und möchte diesem Begehren hiermit nachkommen.

Der SRD Küsnacht-Erlenbach seit 1944

Im Jahr 1943 erliessen die Ufergemeinden der Bezirke Horgen und Meilen ein Reglement, welches den Seerettungsdienst auf dem Zürichsee regelte. Darin sind die Pflichten und Rechte der einzelnen Ufergemeinden geregelt, genauso wie die Vorschriften des Seerettungsdienstes. Das Reglement wurde am 6. Juli 1943 vom Gemeinderat Erlenbach genehmigt. Im Juli bzw. August 1944 schlossen die Gemeinden Erlenbach und Küsnacht einen Vertrag über die Organisation eines gemeinsamen Seerettungsdienstes basierend auf dem von den Bezirksgemeinden erlassenen Reglement. In Art. 1 dieses Vertrages heisst es, dass die Gemeinde Küsnacht den Seerettungsdienst für die Gemeinde Erlenbach gemäss den gültigen Vorschriften besorgt, während Art. 2 darlegt, dass sich Erlenbach mit 5’000 Franken an der Anschaffung eines neuen Motorbootes beteiligt. Zudem übernimmt Erlenbach einen Drittel der jährlichen Betriebskosten für die Ausübung des Seerettungsdienstes. Der Vertrag galt für eine Dauer von zehn Jahren und verlängerte sich jeweils um fünf Jahre automatisch, sofern er nicht mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr gekündigt wird. Die Gemeindeversammlung stimmte dem Vertrag zu.

In der Folge befasste sich der Erlenbacher Gemeinderat mehrmals mit verschiedenen Investitionen rund um den Seerettungsdienst. Im Oktober 1950 musste das Seerettungsboot umgebaut werden, was mit Gesamtkosten von 4’000 Franken verbunden war. Die Gemeinde Küsnacht ersuchte daraufhin die Gemeinde Erlenbach, sich mit einem Drittel daran zu beteiligen, was der Gemeinderat guthiess. Im Dezember 1954 beschloss die Gemeinde Küsnacht eine Erweiterung des Pikettdienstes am Wochenende und eine Erhöhung der Entschädigung, was zu Mehrausgaben von 800 Franken führte, die wiederum zu einem Drittel durch Erlenbach zu tragen waren. Der Erlenbacher Gemeinderat stimmte dieser Erhöhung zu. Für Reparaturen am Rettungsboot genehmigte der Gemeinderat rund 500 Franken im Oktober 1956. Im Jahr 1960 informierte Küsnacht die Gemeinde Erlenbach, dass ein neues Boot angeschafft werden müsste; 1962 kam der formelle Antrag der Gemeinde Küsnacht. Die Anschaffung war mit Gesamtkosten von 138’000 Franken verbunden, wovon Erlenbach einen Drittel zu tragen hatte, also rund 46’000 Franken. Im Dezember 1962 stimmte die Gemeindeversammlung diesem Vorhaben zu und genehmigte den entsprechenden Kreditantrag.

Im Jahr 1971 orientierte die Gemeinde Küsnacht Erlenbach über die Notwendigkeit des Baus eines neuen Bootshauses für den SRD. Die Gemeinde Erlenbach wurde gebeten zu prüfen, ob sie bereit wäre, einen Drittel der Gesamtkosten in der Höhe von 1,33 Mio. Franken zu übernehmen. Im Oktober 1971 beschloss der Gemeinderat, sich mit 250’000 Franken daran zu beteiligen; der Kredit wurde von der Gemeindeversammlung im September 1971 genehmigt.

1975 beteiligte sich Erlenbach mit rund 22’000 Franken am Einbau von zwei neuen Motoren in das Seerettungsboot sowie an der Ausführung von Unterhaltsarbeiten. Im Rahmen der Kreditgenehmigung ersuchte der Gemeinderat die Gemeinde Küsnacht, künftig in ähnlichen Fällen für eine rechtzeitige Vororientierung besorgt zu sein, damit solche Ausgaben in den Voranschlag aufgenommen werden können und nicht dem freien Kredit des Gemeinderats belastet werden müssten.

Im August 1982 sprach der Gemeinderat einen Kredit von rund 16’000 Franken für Instandstellungs- und Unterhaltsarbeiten am Boot und im August 1985 einen Kredit von rund 12’000 Franken für den gleichen Zweck. Im Jahr 1999 schliesslich genehmigte der Gemeinderat Küsnacht zulasten der Betriebsrechnung des SRD eine Bootsrevision von 66’500 Franken, an welchen sich Erlenbach ohne Vorinformation zu beteiligen hatte. Im Jahr 2010 beteiligte sich die Gemeinde Erlenbach mit einem Drittel an den Gesamtkosten von CHF 850’000 Franken für die Ersatzbeschaffung des neuen Einsatzschiffes, welches später auf den Namen „Tina“ getauft wurde.

Grundsatzanalyse des SRD im Februar 2019

Im Februar 2019 befasste sich der Gemeinderat in einer Grundsatzdiskussion mit dem Seerettungsdienst. Ausschlaggebend für die Diskussion waren zum einen die angewachsenen Kosten des SRD Küsnacht-Erlenbach. Diese betrugen im Durchschnitt der Jahre 2014-2017 rund 74’000 Franken pro Jahr. Zum anderen gewährt der gültige Vertrag der Gemeinde Erlenbach weder ein Beteiligungs- noch ein Mitspracherecht. Die Führung des Seerettungsdienstes obliegt alleine dem Gemeinderat Küsnacht. Grundlage der Diskussion bildete ein Quervergleich aller zürcherischen Seerettungsdienste auf dem Zürichsee.

Der Zürichsee wird im Kanton Zürich von sechs Seerettungsdiensten betreut (siehe Abbildung im PDF Dokument). Die Stadt Zürich hat keinen eigenen Seerettungsdienst. Dort wird der SRD im Sinne einer Ausnahme von der Wasserschutzpolizei der Stadt Zürich wahrgenommen. Hombrechtikon hat seinen Seerettungsdienst an den SRD Rapperswil ausgelagert.

Alle sechs SRDs haben vergleichbare Mittel und Mannschaftsbestände. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass auch die jährlichen Kosten der Korps etwa gleich gross sein sollten. Auffallend ist aber, dass die Einsatzgebiete der sechs Korps sehr unterschiedlich gross sind und sich die Kosten dadurch auf die Uferlänge und die Seefläche indirekt proportional verhalten (siehe Abbildung im PDF Dokument).

Der Seerettungsdienst Küsnacht überwacht ein Einsatzgebiet mit einer Uferlänge von 5.05 km und einer Seefläche von 4.2 km2. Im Vergleich zu anderen Seerettungsdiensten ist das Einsatzgebiet von Küsnacht im Verhältnis zu seinen Mitteln eher klein, was am Schluss auch die relativ hohen Kosten für Erlenbach erklärt.

Aus der Analyse klar ersichtlich wurde auch, dass der SRD-Verbund Horgen einen etwa gleich grossen Rettungsdienst für heute vier Gemeinden mit einer gesamten Uferlänge von 9.55 km und einer Seefläche von 9.6 km2 betreibt. Er ist zudem für die Nachbargemeinde Herrliberg zuständig. Der SRD Horgen ist als Verbund organisiert, wo jedem Mitglied ein volles Mitspracherecht garantiert wird. Die Geschäftsleitung obliegt einem Ausschuss, in welchem die Sicherheitsvorstände der jeweiligen Gemeinden vertreten sind, und alle Entscheidungen, welche gemäss den Gemeindeordnungen den jeweiligen Gemeindegremien obliegen, bedürfen einer Zustimmung aller Vertragsgemeinden.

Abklärung von Alternativen und Gespräche mit Küsnacht, 2019

Ausgehend von dieser Grundsatzanalyse erteilte der Gemeinderat dem damaligen Sicherheitsvorstand und heutigen Gemeindepräsidenten Philippe Zehnder im Februar 2019 ein Verhandlungsmandat zur näheren Abklärung des Sachverhalts. Mit dem SRD-Verbund Horgen sollte Kontakt aufgenommen werden, um die Bedingungen eines möglichen Beitritts zum Verbund zu klären, sodass anschliessend Neuverhandlungen mit Küsnacht aufgenommen werden könnten. Küsnacht wurde über diese Absichten informiert.

Eine verbindliche Zusage über die Bedingungen eines möglichen Beitritts zum SRD-Verbund Horgen lag dem Gemeinderat im Juli 2019 vor. Die Verbundsgemeinden zeigten sich darin bereit, Erlenbach als vollwertiges Mitglied aufzunehmen und ihm ein formelles Mitspracherecht zu gewähren. Im Falle eines Beitritts würde das Logo um das Erlenbacher Wappen ergänzt.

Beim SRD-Verbunds Horgen werden die Betriebskosten in erster Linie über die kantonalen Bootssteuern finanziert. Die durch die Bootssteuer nicht gedeckten Kosten von durchschnittlich rund 55‘000 Franken pro Jahr werden den Verbundsgemeinden in Rechnung gestellt. Hiervon hätte Erlenbach einen Siebtel, also rund 7‘800 Franken, zu tragen und zudem müsste die Gemeinde die kantonale Bootssteuer von rund 20’000 Franken dem SRD-Verbund Horgen überlassen.

Demgegenüber stehen Kosten von rund 225‘000 Franken beim SRD Küsnacht, von denen Erlenbach einen Drittel zu tragen hat, also rund 75‘000 Franken jährlich. Allerdings besteht beim SRD Küsnacht die Möglichkeit für Erlenbacher, als Seeretter im Einsatz zu stehen. Im Jahr 2019 kamen drei von 23 Seeretter aus Erlenbach, im Jahr 2024 ist es ein Seeretter. Diese Möglichkeit besteht aus betrieblichen Gründen beim SRD-Verbund Horgen nicht.

Der Gemeinderat beurteilte im Juli 2019 die ökonomischen Beweggründe für einen Wechsel als gegeben, befand indes, dass rein monetäre Zielsetzungen nicht den Ausschlag geben sollten. Die Tradition und langjährige Partnerschaft gelte es ebenfalls zu berücksichtigen und ein Gespräch mit den Verantwortlichen der Gemeinde Küsnacht zu suchen. Der Dialog sollte im Vordergrund stehen und neben den harten, ökonomischen Faktoren sollten auch Kameradschaft, Mitspracherecht und Mitgliedschaftsmöglichkeiten berücksichtigt werden. Der Sicherheitsvorstand wurde mit dem Auftrag betraut, ohne zeitlichen Druck weitere Gespräche mit der Gemeinde Küsnacht zu führen.

Sanierung des Seerettergebäudes in Küsnacht, 2021-2023

Im Januar 2021 wurde der Sicherheitsvorstand Erlenbachs zu einem Gespräch über die Sanierung des Seerettergebäudes in Küsnacht eingeladen. Das Gebäude hatte nach 40 Jahren den Lebenszyklus erreicht und musste saniert werden. Das Gespräch diente dazu, die grundsätzliche Bereitschaft Erlenbachs für die Beteiligung an den Kosten von geschätzten 1,8 Mio. Franken zu eruieren. Der Erlenbacher Sicherheitsvorstand gab dabei zu Protokoll, dass sich die Gemeinde vertragsgemäss an den Kosten mit einem Drittel beteiligen würde, sofern diese in Form von zusätzlichen Betriebskosten über die Abschreibungsdauer von zwanzig Jahren den Betriebsrechnungen belastet würden. Ebenso wurde zu Protokoll gegeben, dass Erlenbach die 1,8 Mio. Franken als zu hoch erachtete. Es wurde vereinbart, eine entsprechende Vereinbarung zwischen den beiden Gemeinden aufzusetzen, in welcher die Details rechtsverbindlich geklärt werden.

Ein Vorschlag dieser Vereinbarung wurde dem Erlenbacher Sicherheitsvorstand im Juni 2022 vorgelegt. Dieser Vorschlag entsprach aber in einigen Punkten nicht der Besprechung vom Januar 2021. Hauptproblem war dabei, dass die vorgeschlagene finanzielle Lösung finanzrechtlich nicht umsetzbar war. Zusätzlich war die 20-jährige Vertragsdauer für Erlenbach nicht akzeptabel. Denn das Seerettergebäude befindet sich im Liegenschaftenportfolio der Gemeinde Küsnacht und Erlenbach kann sich finanztechnisch nicht an den Abschreibungen der Liegenschaft einer anderen Gemeinde beteiligen. Aus Erlenbacher Sicht handelt es sich vielmehr um eine Mehrausgabe im Sinne einer zusätzlichen Gebäudemiete von 30’000 Franken/Jahr und es wären jährliche Gesamtkosten von über 100’000 Franken angefallen. Die Gemeinde Küsnacht beabsichtigte zudem, die Gemeinde Erlenbach zu verpflichten, bei einem vorzeitigen Austritt ihren gesamten Anteil der Abschreibungskosten zu übernehmen. Auf diese Verpflichtung ist die Gemeinde Erlenbach nicht eingetreten; Erlenbach hielt an der Kündigungsbedingung des Vertrags aus dem Jahre 1944 fest.

Trotz fehlender Vereinbarung mit Erlenbach beschloss der Gemeinderat Küsnacht im Juli 2023 die Sanierung des Seerettergebäudes mit Gesamtkosten von 1,88 Mio. Franken. Wie der Gemeinderat Küsnacht festhielt, könne aufgrund der Dringlichkeit der Sanierung mit der Ausführung der Sanierungsarbeiten nicht zugewartet werden, bis die vertraglichen Beziehungen mit der Gemeinde Erlenbach geklärt seien. Vielmehr wurde die Abteilung Tiefbau und Sicherheit der Gemeinde Küsnacht vom Küsnachter Gemeinderat beauftragt, mit der Gemeinde Erlenbach erneute Verhandlungen über eine weitere Beteiligung am Seerettungsdienst und an den Kosten zu führen. Konkret wurde der Gemeinderat Erlenbach eingeladen, seine Anforderungen an die Modalitäten und Mitspracherechte in Bezug auf den Seerettungsdienst im Allgemeinen und die Kostenbeteiligung an den Sanierungsarbeiten im Speziellen zu definieren.

Neubeurteilung durch den Gemeinderat, 2023

Der Gemeinderat Erlenbach befasste sich im August 2023 deshalb erneut mit dem Seerettungsdienst. Der Gemeinderat war dabei der Meinung, dass der Betriebskostenanteil der Gemeinde Erlenbach für den Seerettungsdienst überdurchschnittlich hoch sei. Der Sicherheitsvorstand Erlenbachs hatte dies bereits in Gesprächen mit Küsnacht thematisiert und mehrmals darauf hingewiesen, dass die Kostenentwicklung sehr besorgniserregend sei und deshalb eventuell eine Fusion mit Zollikon anzustreben wäre. Zudem wurde vorgeschlagen, die nicht gesetzlich notwendigen Dienstleistungen (z.B. Tauchergruppe) so bald als möglich einzustellen. Ebenfalls wurde Küsnacht darauf hingewiesen, dass die Reparaturkosten des Rettungsschiffs Tina in den letzten Jahren markant angestiegen seien. Ein neuer Motor ist für 2025/2026 vorgesehen, was weitere Kosten verursachen werde. Der Gemeinderat befürchtete, dass ohne strukturelle Sparmassnahmen die Kosten weiter ansteigen werden. Auf diese Vorschläge war Küsnacht nicht eingegangen.

Der Gemeinderat befand im August 2023, dass der Vertragsinhalt nicht mehr zeitgemäss und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit unter diesen Umständen nicht gewährleistet sei. Geografische, betriebswirtschaftliche und sicherheitstechnische Aspekte seien bei Auswahl einer optimalen Lösung entscheidend. Er formulierte seine Bedingungen an eine weitere Zusammenarbeit mit der Gemeinde Küsnacht im Bereich der Seerettung. Diese beinhalteten neben einem jährlichen Kündigungsrecht und einem Maximalbetriebsbeitrag von 40’000 Franken (inkl. Nachbarschaftsbonus) den Abschluss eines reinen Dienstleistungsvertrags als Form der künftigen Zusammenarbeit. Entsprechende Verhandlungen sollten mit der Gemeinde Küsnacht aufgenommen und bis Ende 2023 in Form eines neuen Vertrags finalisiert werden.

Gleichzeitig entschied der Gemeinderat Erlenbach, den bestehenden Vertrag aus dem Jahr 1944 zu kündigen. Dieser Schritt war rechtlich notwendig geworden, weil sich der Vertrag sonst im September 2024 automatisch um fünf Jahre verlängert hätte und Erlenbach dann keine Entscheidungsfreiheit mehr gehabt hätte. Ebenfalls entschied der Gemeinderat, um einen Beitritt zum SRD-Verbund Horgen zu ersuchen, sofern mit Küsnacht keine Einigung gefunden werden konnte.

Aufgrund der Neukonstituierung des Gemeinderats Küsnacht nahm die Vorlage eines revidierten Angebots Küsnachts für den SRD mehr Zeit in Anspruch. Daher ging erst im Juli 2024 der Vorschlag Küsnachts für eine Weiterführung der Zusammenarbeit ein. Dieser entsprach in mehreren Punkten nicht den Vorstellungen des Gemeinderats und eine verlangte Nachbesserung wurde ausgeschlagen. Im Wesentlichen beinhaltete der Vorschlag Küsnachts eine Weiterführung der bisherigen Regelung mit einem neuen Kostenteiler, womit sich der Anteil Erlenbachs auf 74‘000 Franken im Jahr belaufen hätte und erstmals nach 20 Jahren kündbar gewesen wäre. Die Abschreibung des Seerettungsgebäudes wäre darin inkludiert gewesen. Zusätzlich hätte Erlenbach Mitspracherechte bekommen, die jedoch im Rahmen des Vorschlags nicht konkretisiert wurden.

Gleichzeitig mit dem Vorschlag Küsnachts befasste sich der Gemeinderat Erlenbach im September 2024 auch mit den Rahmenbedingungen eines Anschlusses an den SRD-Verbund Horgen. Dieser war nach dem Gemeinderatsbeschluss vom Jahr 2023 aktualisiert worden. Er sah Initialkosten Erlenbachs von 20‘000 Franken für die Neubeschriftung der Uniformen, des Materials und die Neugestaltung des Logos sowie eine jährliche Beteiligung von einem Siebtel an den Betriebskosten vor. Basierend auf den Kosten der vergangenen Jahre entspricht dies einem Betriebskostenbeitrag Erlenbachs von rund 30’000 Franken im Jahr (20’000 Franken kantonale Bootssteuer plus 10’000 Franken direkte Kosten). Erlenbach wird Mitglied des Steuerungsausschusses und hat somit volle Mitspracherechte und bei Entscheidungen, welche die Gemeindeordnung in die Hände der jeweiligen Behördenorgane legt, gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Die Hoheit bleibt also bei den einzelnen Gemeinden. Zudem ist der Vertrag jährlich kündbar.

Somit stellt der Anschluss an den SRD-Verbund Horgen das deutlich günstigere und attraktivere Angebot dar. Zudem kann der See und das Ufer von Erlenbach vom SRD-Standort Horgen aus besser eingesehen und überwacht werden als vom SRD-Standort Küsnacht. Die Sicherheit ist dabei stets gewährleistet, wie auch die Tatsache beweist, dass der SRD-Verbund Horgen die Seerettung bereits in der Nachbargemeinde Herrliberg wahrnimmt.

Entsprechend entschied der Gemeinderat, dem SRD-Verbund Horgen ein Beitrittsgesuch zu stellen. In Form einer Übergangslösung übernahm der SRD-Verbund Horgen bereits ab Oktober 2024 die Seerettung auf dem Gebiet der Gemeinde Erlenbach. Eine entsprechende Vereinbarung wurde von allen Verbundsgemeinden unterzeichnet, die definitive Aufnahme erfolgt nach Vorliegen des neuen Verbundsvertrages und nach Anpassung der Reglemente und muss von allen Gemeinden mit entsprechenden Gemeinderatsbeschlüssen verabschiedet werden. Die definitive Aufnahme ist für Januar 2025 vorgesehen.

Zuständigkeit des Gemeinderats

Im Rahmen der öffentlichen Diskussion kam die Frage auf, ob der Gemeinderat berechtigt sei, den Abschluss des Anschlussvertrags in eigener Kompetenz zu beschliessen. Gemäss kantonaler Schifffahrtsverordnung vom 7. Mai 1980 (LS 747.11) sind die Ufergemeinden des Zürichsees verpflichtet, den Seerettungsdienst auf ihrem Gebiet sicherzustellen. Beim 1944 abgeschlossenen Vertrag mit der Gemeinde Küsnacht handelt es sich um einen Dienstleistungsvertrag, bei welchem die Gemeinde Erlenbach die Besorgung des Seerettungsdienstes extern auslagert und keine Mitspracherechte hat (siehe Art. 1). Wie bei jedem Dienstleistungsvertrag der Gemeinde ist der Gemeinderat berechtigt, diesen zu künden und die Aufgabenerfüllung wieder selbst zu übernehmen, sollten die Umstände dies erfordern oder der Gemeinderat zur Notwendigkeit dieses Schrittes gelangen.

Der Vertrag mit dem SRD-Verbund Horgen ist anders gelagert. Es handelt sich hierbei nicht um einen Dienstleistungsvertrag, bei welchem Aufgaben ausgelagert werden, sondern um einen Anschlussvertrag nach §78a des Gemeindegesetzes (GG, LS 131.1). Die im Vertrag eingeschlossenen Gemeinden übertragen nicht der Gemeinde Horgen die Verpflichtungen des Seerettungsdienstes und bezahlen für die Dienstleistung, sondern besorgen ihre gesetzlichen Verpflichtungen gemeinschaftlich. Die Standortgemeinde Horgen ist lediglich für die «organisatorischen und administrativen Belange des gemeinsamen Seerettungsdienstes verantwortlich», während die weiterführenden Belange durch einen Ausschuss der Vertragsgemeinden entschieden werden, in welchem jede Gemeinde eine Stimme hat. Dieser Ausschuss hat aber in all jenen Belangen, in denen die Gemeindeordnungen der jeweiligen Gemeinden die abschliessende Entscheidung den Gemeindebehörden übertragen, keine Kompetenzen. Hier müssen die beteiligten Gemeinden gemäss den in ihren Gemeindeordnungen festgelegten Zuständigkeiten entscheiden und die Entscheide gelten nur dann, wenn alle Gemeinden zustimmen. Die hoheitlichen Befugnisse bleiben also bei den Vertragsgemeinden.

§78a GG besagt, dass die Stimmberechtigten an der Urne über Anschluss- und Zusammenarbeitsverträge entscheiden, wenn eine der folgenden Bedingungen zutrifft: (a) die Gemeinde gibt hoheitliche Befugnisse ab; oder (b) der Vertrag hat für die Gemeinde Ausgaben zur Folge, die an der Urne bewilligt werden müssten. Im vorliegenden Fall ist keine dieser Voraussetzungen gegeben. Die Gemeinde gibt eben gerade keine hoheitlichen Kompetenzen ab, weil sämtliche in den Gemeindeordnungen vorgesehenen Befugnisse weiterhin bei den Gemeindebehörden verbleiben und den zuständigen Gemeindeorganen somit ein effektives Veto-Recht in diesem Bereich eingeräumt wird. Finanziell ist der Anschluss an den SRD-Verbund Horgen mit Kosten verbunden, welche unter dem Schwellenwert von CHF 300’000 liegen, den Art. 15 der Gemeindeordnung der Gemeinde Erlenbach vom 13. Juni 2021 (GO, SRGE 100.1) für die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung vorsieht. Weder aus (a) noch auch (b) kann sich also eine Zuständigkeit der Gemeindeversammlung ableiten.

§78a Abs. 2 GG hält weiter fest, dass in Fällen, in denen diese beiden Bedingungen nicht zutreffen, sich die Zuständigkeit für den Entscheid nach der Gemeindeordnung richtet. Die GO hält in Art. 14 Abs. 4 fest, dass die Gemeindeversammlung zuständig ist für «den Abschluss und die Änderung von Anschluss- und Zusammenarbeitsverträgen gemäss ihrer Befugnis zur Bewilligung neuer Ausgaben, sofern die Gemeinde keine hoheitlichen Befugnisse abgibt». Die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung kann sich also gemäss GO nur daraus ableiten, dass der Vertragsabschluss mit Kostenfolgen, die der Gemeindeversammlung unterstehen, verbunden ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, womit die Zuständigkeit beim Gemeinderat liegt.

Schlussbemerkung

Der Gemeinderat ist überzeugt, dass der Anschluss an den Seerettungsdienst-Verbund der Gemeinden Horgen, Oberrieden, Thalwil und Herrliberg für Erlenbach die optimale Lösung darstellt. Dem Gemeinderat war es ein Anliegen, einen gut funktionierenden und den verlangten Sicherheitsstandards entsprechenden Seerettungsdienst mit einem zeitgemässen und finanziell vertretbaren Vertragswerk sicherzustellen. Durch den Anschluss können die jährlichen Kosten um ca. 60’000 Franken reduziert werden, während ein vollständiges Mitspracherecht garantiert wird. Darüber hinaus ist der Wechsel auch strategisch, geographisch und sicherheitstechnisch sinnvoll. Der Standort des SRD Horgen ist geradezu ideal, um das gesamte Ufer und den See von Erlenbach zu überschauen und zu überwachen.

Wir danken der Gemeinde Küsnacht für die langjährige gute Zusammenarbeit. Selbstverständlich wird die Gemeinde Erlenbach auch in Zukunft die nachbarschaftliche Zusammenarbeit mit der Gemeinde Küsnacht in anderen Bereichen begrüssen und pflegen.

Videointerview mit dem Gemeindepräsidenten Philippe Zehnder zum Seerettungsdienst.